Cricket ist in Indien keine Sportart. Es ist eine Religion, der Millionen anhängen. Die Spieler werden verehrt und bei wichtigen Spielen ist es endlich mal möglich, auch in Indien auf der Straße spazieren zu gehen.
Natürlich haben sich die Johannes-Turmair-Schüler der Aufgabe gestellt und ein Cricketspiel zusammen mit den Austauschschülern ausgetragen.
Gestern Abend – einem Montag – besuchte ich mit meiner Gastfamilie den Hanuman Tempel in Neu Delhi. Die Wahl des richtigen Wochentags ist wichtig. So gilt z. B. der Dienstag Lord Hanuman gewidmet und das gesamte Gelände ist an einem solchen Wochentag hoffnungslos überfüllt.
Die Geschichte des Tempels
Der Hanuman Tempel gehört mit zu den ältesten Tempeln der Region. Beim genauen Alter vermischen sich jedoch Wahrheit und Legenden. Eine Quellen behaupten sogar, dass er aus dem 4. Jhd. v. Chr. stammen könnte. stammt. Durch ständige Umbaumaßnahmen erhielt er seine heutige Form in der neben dem Jungen Hanuman auch anderen Göttern wie Rama, Sita und Lakshman, Krishna und Radha, Shiva und Parvati, Durga, Lakshmi Narayan und Ganesha sowie Santoshi Mata gehuldigt wird. Diese Verehrung von mehreren Gottheiten in einem einzigen Tempel ist im Hinduismus keine Seltenheit.
Der eigentliche Besuch
Beim barfüßigen Eintreten in den Tempel berührt ich zunächst ehrfürchtig die Stufen und schreite durch die silberbeschlagenen, mit Szenen aus dem Ramayana verzierten Türen in einen Vorraum.
Um seinen Besuch den Göttern anzukündigen schlage ich – so wie es meine Gastfamilie vormacht – eine der vielen Glocken an und betrete das Allerheiligste des Tempels in dem ein verhülltes Abbild von Lord Hanuman zu finden ist. Allerdings bedeckt ein Tuch das seitliche Abbild, so dass nur ein einzelnes Auge zu erkennen ist. Hier angekommen steht es nun jedem frei nach seiner Fassion zu beten. Dies kann vom schweigend Sitzen bis hin zum lauten Preisen von Lord Hanuman reichen. Ein Priester bietet mir heiliges Wasser an und nach einer kleinen Spende malt er mir mit seinem Daumen einen Punkt auf die Stirn (Tilaka) und erteilt mir seinen bzw. Lord Hanumans Segen. Das dargereichte Wasser fange ich in der holen Hand auf und Schlürfe es hinunter . So viel zu den „Trinke nie ungefiltertes Wasser“-Hinweisen aus den Reiseführern. Aber die Götter werden mich schon beschützen.
Jetzt gilt es die im gleichen Raum bzw. in den angrenzenden Räumen befindlichen Statuen der anderen Götter aufzusuchen und auch bei ihnen im kurzen Gebet zu verharren. Auf dem Weg entdecke ich immer wieder Bildnisse von Hanuman oder Darstellungen aus dem Ramayana.
Unzählig viele Götter
Da es im Hinduismus unzählige Versionen von bedeutsamen Ereignissen gibt, erhält man, je nach Begleiter, auch verschiedene Interpretationen der Bildnisse. Dies stellt für Hindus aber keinen Widerspruch dar, da sich Götter in vielfältiger Gestalt zeigen und für mehrere Gottheiten auch mehre Namen gebräuchlich sind, so dass es zwangsläufig zu Überschneidungen kommen muss.
Auch lerne ich den Unterschied zwischen der körperlosen Gestalt Shivas und seiner Verkörperung als Shankar kennen. Nach 4 Jahren Indienaustausch ist ein Tempelbesuch immer noch eine Offenbarung, da alles bisher gelernte immer wieder auf die Probe gestellt wird.
Glücklich verlassen meine indische Gastfamilie und ich den Tempel, ziehen uns die Schuhe an und lassen uns noch einige örtliche Spezialitäten von einem der zahlreichen Streetfoodständen schmecken bevor es zum Gurudwara Bangla Sahib weiter geht.
Der Schulbus der Lotus Valley International School schlängelt sich wieder mal durch den dichten Verkehr in Richtung Delhi. Dort im Indra Gandhi Stadion sollen einige Schüler passend zu unserem Sport-Motto in die Kajaks steigen.
Das Stadion mit seinen Außenanlagen wurde 1082 erbaut und 2010 für die Commonwealth Games renoviert und beherbergt auf seinem Gelände auch einen kleinen See an dem schon einige Schüler des hiesigen Kanu-Clubs warten. Nach einer kleinen Vorführung, wagen sich die ersten Turmair-Schüler ins Boot.
Als Lehrer möchte man natürlich mit gutem Vorbild vorangehen und so besteige ich wagemutig das erste Wasserpolo-Kajak. Doch die kleinen Wassergefährte erweisen sich als schwieriger zu manövrieren als die mir ansonsten bekannten Wildwasserkajaks. Der abgeflachte Bug taucht stets tief ins Wasser ein, jede Körperbewegung wird von heftigem Schwanken begleitet. Natürlich lande ich bald kopfüber im Wasser und auch die meisten, der mir nachfolgenden Schüler müssen sich heute noch umziehen, um ihre plötzlich allzu nasse Kleidung loszuwerden.
Glücklicherweise waren wir vorgewarnt und haben vom Handtuch bis zur Badehose alles mitgebracht.
Am Ende der nassen Veranstaltung machten wir natürlich noch das obligatorische Gruppenfoto. Denn in Indien gilt nach wie vor: Wenn es keine Bilder davon gibt, so hat es nicht stattgefunden.
Am ersten richtigen Tag in Indien, also am Samstag den 28.10, fuhren die Schüler nach Delhi zu einem Gurudwara Tempel. Es war sehr interessant für sie zu sehen, wie die Sikhs beten und wie diese Gebetsstätte im Vergleich zu den christlichen Kirchen aufgebaut sind. Es wurden viele Fotos gemacht und es war sehr ungewöhnlich für die Schüler, barfuß und mit einem Tuch als Kopfbedeckung durch die Tempelanlage zu laufen.
Ebenso lernten sie die traditionellen indischen Taxen, genannt „Autos“ kennen und fuhren mit diesen zu einem Restaurant und zu einem Straßenmarkt. Es war ein toller erster Tag mit vielen neuen Eindrücken.
Hund, Schildkröte, Kobra … Wie, es geht in den indischen Zoo!? Nein – hinter diesen Namen verstecken sich nur einige der unendlich vielfältigen Asanas, Yogaübungen. Nun mag es manchem als Herausforderung erscheinen, eine Sonne zu begrüßen, die sich hinter dem Smogschleier über Delhi versteckt hält, es ist aber gar nicht so schwer, wenn man in den Genuss einer Yogastunde an der Lotus Valley International School kommt.
Angespornt durch die Beweglichkeit unserer jungen Lehrer und Lehrerinnen, schmeißen wir uns also in Pose. Zunächst Ächzen und Kichern (so eine “halbe Schildkröte” kann schon Mal lustig aussehen), doch dann kehrt langsam Ruhe ein. Wir lernen die richtige Atemtechnik und bringen dann doch einen ganz passablen Sonnengruß hin. Mit einem langgezogenen”Ommmmmm” lassen wir unsere erste Yogastunde ausklingen.
Ganz schön entspannend – vielleicht probieren wir das Zuhause auch einmal aus, wenn uns der hektische Schulalltag wieder hat. So, und jetzt einatmen, ausatmen, Ommmmmm…
Heute besuchten unsere Austauschschüler das erste mal die Lotus Valley International School. Wie die meisten Privatschulen hat auch die LVIS ihre eigene Busflotte mit der die Kinder aus der Umgebung aufgesammelt werden.
Als erstes begrüßte die Vize Direktorin, Frau Indu Yadav die Austauschteilnehmer, danach hatten die deutschen Lehrkräfte Zeit, sich alleine mit den Turmair-Schülern zu unterhalten und herauszufinden und sich von den Abenteuern der letzten beiden Tage berichten zu lassen.
Die ersten Sportstunden
Anschließend stand Sport auf dem Stundenplan. Das Geschwindigkeits-Fang-Spiel Kho-Kho hat es uns dabei besonders angetan. Immer ein Fänger muss mehrere Mitspieler fangen, darf aber dabei nur um eine Linie herumlaufen, während die zu Fangenden diese Linie auch einfach überqueren dürfen.
Nun kann der Fänger sich jedoch ablösen lassen, in dem er einzelnen Spielern, die auf der Linie warten auf den Rücken klopft und mit ihm den Platz tauscht. Dieser Spieler wird ebenfalls Fänger und fängt mit dem Spiel so an, als ob der Fänger die Linie überquert hat. Was sich kompliziert anhört entpuppte sich als äußerst spaßiges und schnelles Lauf-Intervalltraining, das vollen Körpereinsatz und taktisches Geschick erforderte.
Naturlich durfte auch König Fußball nicht fehlen. Es spielte Deutschland gegen Indien und die Schüler gaben – leicht geschwächt vom Kho-Kho-Spiel – alles um ihre neuen Freunde zu besiegen.
“Normale Schulstunden”
Nach dem Sport verteilten sich die Schüler auf verschiedene Klassen und nahmen am normalen Unterricht teil. Dabei war die Anwesenheit der neuen Gäste natürlich oft interessanter als die Ausführungen des Lehrers. Die beiden deutschen Lehrkräfte wurden in der Zwischenzeit von Sechstklasslern interviewed, die in diesem Schuljahr mit dem Lernen der deutschen Sprache begonnen haben.
Erschöpft aber glücklich fanden sich schließlich alle Schüler in der Cafeteria ein, um das wohlverdiente Mittagessen einzunehmen. Doch auch das wollte erst verdient werden, denn heute stand das Eltern Potluck-Dinner auf dem Plan zu dem es natürlich einen weitern Artikel gibt.