Der indische Bacchus

Auch Götter können ab und zu einen guten Schluck vertragen. Davon konnte ich mich heute beim Besuch des Bhaironath Temple überzeugen. Dieser in der Nähe des Old Forts gelegene Tempel im Zentrum Neu Delhis ist dem Gott Baironath geweiht und wird dadurch verehrt, dass man seine Statue mit hochprozentigem Alkohol übergießt.

Eingang des Tempels

Schon bei der Ankunft vor dem Tempel fallen einem die vielen Personen auf, die Whiskey-Flaschen bzw. kleine Glasflaschen mit den unterschiedlichsten Flüssigkeiten bei sich haben. Sie alle marschieren, genau wie mein Gastvater und ich durch das Eingangstor, ziehen unsere Schuhe aus und betreten den eigentlichen Tempelbereich.

Dort nehmen nun die Priester die Opfergaben entgegen. Dies kann, wie bei anderen Tempeln auch durchaus mal ein Geldschein, oder eine Blumengirlande sein. Viel häufiger wechseln nun aber die besagten Spirituosenflaschen ihren Besitzer. Der Priester nimmt einige davon und übergießt die Statue des Gottes mit der Flüssigkeit. Ein Geruch nach Whiskey breitet sich dabei in der Halle aus.

Dieser Brauch stammt daher, dass der angebetete Gott einst ein Dämon war, der jedoch kurz vor seinem Tod von der Göttin Durga von allen Sünden freigesprochen wurde. Den Geschichten nach sollte dieser Gott jedoch ab und zu sich gerne einen Schluck gegönnt haben und die Anhänger möchten ihn nun eben mit dieser Opfergabe gnädig stimmen. Doch unterscheiden sich auch hier, wie bei fast jeder indischen Göttersage, die einzelnen Details.

Tempelküche

Außerdem landet nicht jeder gute Tropfen auf der Statue. Zusätzlich wird auch eine „ewige Flamme“ mit den Spirituosen gefüttert. Das interessante ist jedoch, dass einige Anhänger des Gottes nun mit dem Priester ein paar Worte sprechen und plötzlich landet nur noch eine kleine Menge aus der Whiskeyflasche im brennenden Bottich. Vielmehr wirft ein Anhänger einen Geldschein hinein, der sogleich verbrennt. Die angebrochene Whiskeyflasche gehört nun ihm. Natürlich alles nur, um das gesegnete Feuerwasser um des Glaubens Willen zu Hause zu konsumieren. Auf dem Weg nach draußen stellt man jedoch fest, dass einige bereits vorher mit dem Konsum der guten Gaben beginnen und auch den zahlreichen Bettlern des Öfteren einen Becher vollschenken.

Wer dagegen den Alkohol eher den Göttern überlassen möchte, der kauft eher eine der traditionell im Tempel angebotenen Mahlzeiten.

Der Tempel wird vor allem von Arbeitern besucht, die in irgendeiner Weise etwas mit Eisen oder Stahl zu tun haben. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Rikschafahrer (eisernes Fahrrad) oder einen Bauarbeiter (Stahlbeton) handelt.

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