Die Autoabstauber von Neu Delhi

Dreckiges Auto
Wer sein Auto nicht putzen lässt, kann nach einigen Wochen eine böse Überraschung erwarten.

Die Luft in Neu Delhi oder in Noida hat einen eigenen Geschmack. Wenn im November die Stoppelfelder rund um die Hauptstatt abgebrannt werden, wenn das Diwali-Feuerwerk abgebrannt wurde und wenn der Verkehr die Feinstaubbelastung jenseits der Erfassungsgrenze der Messgeräte treibt, dann schmeckt man die Luft in Nordindien.

Man kann sie auch sehen. Jeden Tag ist das am Straßenrand oder in der Society geparkte Auto mit einer öligen Staubschicht bedeckt und jeden Tag wird sie von fleißigen Autoabstaubern morgens entfernt.

Scheibenwischer
Die Scheibenwischer sind hochgeklappt: Dieses Auto wurde heute schon geputzt.

Niemand möchte gerne mit einem verdreckten Auto herumfahren. Daher verlässt sich jeder Autobesitzer, dass sein früh morgens von einem Angestellten mit einem feuchten Lappen von außen abgewischt wird. Einmal die Woche sogar von innen gesaugt wird. Diese Angestellten sind dabei so selbstverständlich wie die Dienstmägde, die die Wohnung wischen oder die Wachleute vor den Eingängen der Wohnungsviertel.

Laut Aussage meines diesjährigen Gastgebers verdient ein solcher Autowäscher 500 Rs im Monat. Das sind umgerechnet ca. 6,30 €. Wenn man dies auf bis zu 30 Autos hochrechnet, die morgens zu putzen sind, so erhält die ungelernte Arbeitskraft, die meist ganz in der Nähe wohnt, eine für Indische Verhältnisse stattliche Summe.

Lappen und Eimer
Lappen und Eimer. Mehr braucht unser Abstauber nicht.

Wie so oft, kann man jedoch nicht abschätzen, wie repräsentativ diese Aussgen des Gastgebers waren. Ich wäre daher um Kommentare froh, die mir diese Summe bestätigen könnten. Auch muss man erwähnen, dass die Autoabstauber oft noch einen zweiten Beruf ausüben und zum Beispiel in Bürogebäuden Tee servieren oder andere einfache Dienstleistungen übernehmen. Zum Überleben in Neu Delhi reicht der verdienst. Ob sich der Abstauber einmal selbst ein Auto leisten kann, steht auf einem ganz anderen Blatt.

HAPPY DIWALI

Die letzten Tage haben wir hier in Indien Diwali gefeiert. Das riesige Fest kann man mit unserem Weihnachten vergleichen. Aber anstatt mit Christbäumen, Rentieren und Weihnachtemännern sind die Gärten und Häuser mit Lichterketten, Blumen und Kerzen geschmückt. Diwali ist somit das Lichterfest und wird in jeder Familie unterschiedlich gefeiert.

Im Folgenden erzählen wir drei, Hannah, Sophie und Leonie, welche Eindrücke wir während des Festes hatten und was wir erlebt haben.    

Hannah:

Lichterfest
Beim Anzünden der Lichter

Früh am Morgen wurden meine Austauschpatnerin Siddhi und ich mit einem fröhlichen -HAPPY DIWALI- geweckt. Jeder war gut drauf und hat sich auf den Tag gefreut 🙂 Danach sind Siddhi, ihr Opa und ich mit dem Auto zu einem Straßenmarkt gefahren, der voll mit Blumen-, Kerzen- und Farbständen war. Dort haben wir unterschiedliche bunte Pulver und Schablonen gekauft, denn wir haben daraufhin Farbbilder gemacht. Dafür haben wir einfach die bunten Brösel durch die Siebbilder gedrückt. Es war sehr schön solche Traditionen mitzuerleben. Danach haben wir uns umgezogen, und ja, ich hatte ein indisches Gewand an! Das haben wir den Tag davor in der Mall gekauft und mir gefällt es sehr:)

Der Altar ist bereits für die Zeremonie vorbereitet.

Anschließen haben wir alle Kerzen ausgepackt und draußen auf dem Hof und Eingang aufgestellt, die Bediensten schmückten das Tor mit orangenen Blumen und Blättern und meine Gastmutter kochte indische Spezialitäten. Am Abend sind Siddhi, ihr Bruder und ich zu einem nahegelegenen Tempel gegangen. Dort haben die beiden Götterstatuen angebetet und Kerzen & Süßigkeiten als Opfergabe hingebracht. Es war sehr interessant eine neue Kultur und Religion besser kennenzulernen. Anschließen haben wir zu Hause alle Kerzen angezündet, was wunderschön aussah. Daraufhin hat die ganze Familie zusammen mit Freunden gebetet und den Göttern Reis und Obst geopfert. Wir haben vor dem kleinen Gebetsraum gesungen, geklatscht und jeder hat ein Band um das rechte Handgelenk bekommen. Als nächstes ist die ganze Familie rausgegangen um das Feuerwerk anzuschauen und selbst ein paar Böller anzuzünden. Spät am Abend haben wir alle zusammen noch gegessen und Spiele gespielt. Ich habe es sehr genossen und viele neue Erfahrungen gemacht. Es war ein wunderschöner Tag! Happy Diwali

Sophie:

Beim Einkaufen der Farben auf dem Markt

Alle Häuser waren mit Lichterketten verziert. Es sah so schön aus! Wir gingen in den Tagen davor zu einer Diwali-Party, die eine andere Inderin veranstaltete und besuchten auch den berühmten Iskcon-Tempel. Das ist ein hinduistischer Tempel in dem der Gott Krishna verehrt wird. Am Sonntag machten wir Sandbilder, die du auf einem der Bilder sehen kannst, und verzierten sie mit Kerzen. Zuerst wurde zuhause gebetet. Da malten wir den Götterfiguren zum Beispiel Punkte auf die Stirn und gaben ihnen etwas zu essen. Dasselbe fand dann nochmal bei den Großeltern statt, die wir am Abend besuchten. Wie bei uns an Silvester zündeten wir anschließend kleine Feuerwerke und Wunderkerzen an. Es war ein total schönes Wochenende, weil es sehr besonders ist, mit einer fremden Familie, ein uns unbekanntes Fest zu feiern.

Leonie:

Familie
Eine glückliche Familie

Unser Aufenthalt in Indien hat uns alle schon viel Neues lernen und erfahren lassen, aber am eindruckvollsten war das mehrtägige Diwali Fest. An jedem Tag wurde ein anderes Ritual durchgeführt. Am ersten Tag saßen alle Familienmitglieder  schon morgens auf Teppichen auf dem Wohnzimmerboden um kleine Tische herum, die mit verschieden befüllten Tellern gedeckt waren. Es wurde aus einem Buch, vergleichbar mit unserer Bibel, gesungen und gesprochen und nach jedem “Swaha” mussten wir mit zwei Fingern Reis, Nelken oder Nüsse nehmen und dem Gott Krishna opfern. An den darauffolgenden Tagen schmückten wir das Haus mit bunten Blumenketten und einer Art Altar im Wohnzimmer, auf dem viele kleine Götterfiguren platziert  und mit Kerze beschmückt wurden.

Zermonie
Während der Zermonie

Mit meiner Austauschpartnerin habe ich bunte Sandbilder im Treppenhaus gezeichnet. Sehr interessant war auch wie die Familienmitglieder sich untereinander Diwali wünschen. Man besucht sich gegenseitig und tauscht Geschenke aus, nachdem jeder einen Roten Punkt und Reiskörner auf die Stirn bekommen hat. Danach füttert man sich gegenseitig mit einem kleinen Bissen einer Süßigkeit oder Nüssen. Um seine Dankbarkeit gegenüber dem anderen auszudrücken, berührt man die Füße des anderen. Das Lichterfest ist sehr familiär und bedeutet vielen Familien sehr viel. Ich bin sehr dankbar an diesem Fest teilhaben zu dürfen und ein wenig erinnert es an unsere fröhliche Stimmung an Weihnachten

Dieser Artikel wurde zuerst ohne Bilder veröffentlicht. Nun, zwei Tage später liefern wir die versprochenen Bilder nach.

Delhi Belly

Reist man nach Indien, so kann man einiges erleben. Großartiges Essen, eine faszinierende Kultur und manche nehmen auch Souveniers mit. Eines der “beliebtesten” Mitbringsel ist der Delhi Belly, der Reisedurchfall, der gerade in den ersten beiden Wochen eines Indienaufenthalts gehäuft auftritt.

Geriebener Apfel kann Wasser binden.

Es gibt im Internet genug Hinweise, wie man den Durchfall vermeiden kann. Nur Wasser aus Flaschen trinken, stets auf (unsauberes) Eis in den Getränken verzichten, ständiges obsessives Händewaschen und natürlich die vorbeugend Hefetabletten schlucken, oder präventiv Kohlekompretten essen.

Doch oft (bis zu 50 % der Indienreisenden) hilft alles nichts. Im Magen rumort es und der Werbeslogan “Colourfoul India” erhält eine völlig neue Bedeutung. Doch man ist dem ganzen nicht hilflos ausgeliefert, da es gute und auch verlässliche Hausmittel gibt.

Da wäre z. B. zu trinken. Der Körper verliert beim Delhi Belly mehr Wasser als man sich vorstellen kann. Das beste Getränk ist abgepacktes Wasser, mit einer Prise Salz (genaue Dosierungen gibt’s im Internet), abgepacktes oder frisches Kokunusswasser oder einfach nur gefiltertes Wasser. Hauptsache dem Körper wird wieder Flüssigkeit angeboten.

Zum Essen eignet sich erfahrungsgemäß Schonkost. Porridge, gekochter Reis ohne Soße oder ungetoastetes Toast. Zusätzlich haben sich pektinhaltige Früchte wie geschälter und geriebener Apfel, sowie Bananen bewährt, die jeweils mit probiotischem Joghurt gegessen werden.

Das Internet ist voll mit Rezepten für den Reisedurchfall

Beim Griff zu den Medikamenten, zeigt die eigene Erfahrung, dass die Peristaltik verringernden Medikamente gegen einen ausgewachsenen Delhi Belly nichts entgegenzusetzen haben. Kohle-Tabletten, evtl. fiebersenkende Mittel und notfalls ein Arztbesuch helfen dagegen ganz vorzüglich.

Und schlussendlich kann man nur hoffen, dass man vom Reisedurchfall verschont bleibt, oder er in ein zwei Tagen weiterwandert. Hoffentlich nicht zum nächsten Austauschschüler.

Für die ganz interessierten: Natürlich hat es einige schon erwischt. Und ja, auch Lehrer werden davon nicht verschont.

Happy Diwali 2019!

Auch dieses Jahr haben die Schüler des Johannes-Turmair-Gymnasiums wieder das große Glück, während des Lichterfests Diwali in Indien zu sein. Dieses wichtigste Fest stellt den ohnehin schon chaotischen Alltag in Indien völlig auf den Kopf.

Heiligenfiguren
Am Straßenrand werden Läden für Heiligenfiguren aufgebaut.

Seit Tagen merkt man, dass Diwali kommt. Der Verkehr wird immer dichter und kommt schließlich immer wieder zum Stillstand, denn jeder muss noch Dekomaterial und Süßigkeiten einkaufen. Es gehört zum guten Ton, allen Bekannten und Freunden zu Diwali eine Kleinigkeit zu schenken und daher kann es schon passieren, dass man für 20 Familien Geschenke benötigt. Meistens handelt es sich dabei um Süßigkeitenboxen, aber auch Nüsse, Mikrowellengeschirr und Bettwäsche ist erlaubt.

Blumengirlanden
Ein Süßigkeitengeschäft und ein Händler für Blumengirlanden.

Bei der Dekoration bleibt man dann doch wieder traditionell. Kleine irdene Öllampen werden im Zimmer verteilt, Götterfiguren neu gekauft und im Tempel platziert und auch die guten Heiligenbilder werden aus den Schubladen geholt und aufgehängt.

Für uns Turmair-Schüler ist es eine einzigartige Erfahrung bei diesem Familienfest dabei zu sein. Familienbesuche, Snacks, Feuerwerk, Zeremonien und vieles mehr. Indische kultur auf einen Tag konzentriert!

Happy Diwali Euch allen!

Der indische Bacchus

Auch Götter können ab und zu einen guten Schluck vertragen. Davon konnte ich mich heute beim Besuch des Bhaironath Temple überzeugen. Dieser in der Nähe des Old Forts gelegene Tempel im Zentrum Neu Delhis ist dem Gott Baironath geweiht und wird dadurch verehrt, dass man seine Statue mit hochprozentigem Alkohol übergießt.

Eingang des Tempels

Schon bei der Ankunft vor dem Tempel fallen einem die vielen Personen auf, die Whiskey-Flaschen bzw. kleine Glasflaschen mit den unterschiedlichsten Flüssigkeiten bei sich haben. Sie alle marschieren, genau wie mein Gastvater und ich durch das Eingangstor, ziehen unsere Schuhe aus und betreten den eigentlichen Tempelbereich.

Dort nehmen nun die Priester die Opfergaben entgegen. Dies kann, wie bei anderen Tempeln auch durchaus mal ein Geldschein, oder eine Blumengirlande sein. Viel häufiger wechseln nun aber die besagten Spirituosenflaschen ihren Besitzer. Der Priester nimmt einige davon und übergießt die Statue des Gottes mit der Flüssigkeit. Ein Geruch nach Whiskey breitet sich dabei in der Halle aus.

Dieser Brauch stammt daher, dass der angebetete Gott einst ein Dämon war, der jedoch kurz vor seinem Tod von der Göttin Durga von allen Sünden freigesprochen wurde. Den Geschichten nach sollte dieser Gott jedoch ab und zu sich gerne einen Schluck gegönnt haben und die Anhänger möchten ihn nun eben mit dieser Opfergabe gnädig stimmen. Doch unterscheiden sich auch hier, wie bei fast jeder indischen Göttersage, die einzelnen Details.

Tempelküche

Außerdem landet nicht jeder gute Tropfen auf der Statue. Zusätzlich wird auch eine „ewige Flamme“ mit den Spirituosen gefüttert. Das interessante ist jedoch, dass einige Anhänger des Gottes nun mit dem Priester ein paar Worte sprechen und plötzlich landet nur noch eine kleine Menge aus der Whiskeyflasche im brennenden Bottich. Vielmehr wirft ein Anhänger einen Geldschein hinein, der sogleich verbrennt. Die angebrochene Whiskeyflasche gehört nun ihm. Natürlich alles nur, um das gesegnete Feuerwasser um des Glaubens Willen zu Hause zu konsumieren. Auf dem Weg nach draußen stellt man jedoch fest, dass einige bereits vorher mit dem Konsum der guten Gaben beginnen und auch den zahlreichen Bettlern des Öfteren einen Becher vollschenken.

Wer dagegen den Alkohol eher den Göttern überlassen möchte, der kauft eher eine der traditionell im Tempel angebotenen Mahlzeiten.

Der Tempel wird vor allem von Arbeitern besucht, die in irgendeiner Weise etwas mit Eisen oder Stahl zu tun haben. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Rikschafahrer (eisernes Fahrrad) oder einen Bauarbeiter (Stahlbeton) handelt.

Missverständliche Gewürzkultur

Indisches Essen und Gewürze gehören einfach zusammen. Während man sich bei manchen deutschen Rezepten oft auf Salz und Pfeffer beschränkt, verwendet man in der Küche Indiens eine ganze Batterie von Pülverchen und Samen, Kapseln und Gewürzen. Beim interkulturellen Kochen während des Austauschs kommt es da schnell zu Missverständnissen.

Curry

Curry Masala
Curry, Masala und Co. – Die Begriffe können einen zur Verzweiflung bringen.

Currywurst, Curryketchup, Curryreis. Der Deutsche versteht unter Curry das gelbe Pulver, dass er immer dann auf ein Gericht streut, wenn er ihm eine gewisse Schärfe und einen etwas asiatischen Touch verpassen möchte. In Indien kann man es dagegen überhaupt nicht nachvollziehen, dass es bei uns Curry in Pulverform gibt.

In Indien ist Curry ein Sammelbegriff für soßenreiche Gerichte, die oft zusammen mit Reis serviert werden. Im Deutschen lässt er sich vielleicht noch am ehesten mit dem Begriff Eintopf wiedergeben. Diese Curries in ein kleines Döschen zu packen und dann auf ein weiteres Gericht zu streuen entbehrt jeder Logik. Missverständnisse in der Kommunikation sind vorprogrammiert, wenn man von seiner Liebe für Curry schwärmt.

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