Der Lotus Tempel in Delhi steht als Tempel der Bahai den Menschen jeglicher Religion offen, da die Bahai davon ausgehen, dass es nur einen Gott gibt und Jesus, Abraham, Mohamed nur Boten dieses Gottes sind.
Der Tempel ist eine architektonische Meisterleistung. In Form einer sich öffnenden Lotusblüte gebaut steht der Marmorbau stolz und leicht erhöht inmitten eines weitläufigen Parks.
Auch Götter können ab und zu einen guten Schluck vertragen. Davon konnte ich mich heute beim Besuch des Bhaironath Temple überzeugen. Dieser in der Nähe des Old Forts gelegene Tempel im Zentrum Neu Delhis ist dem Gott Baironath geweiht und wird dadurch verehrt, dass man seine Statue mit hochprozentigem Alkohol übergießt.
Schon bei der Ankunft vor dem Tempel fallen einem die vielen
Personen auf, die Whiskey-Flaschen bzw. kleine Glasflaschen mit den
unterschiedlichsten Flüssigkeiten bei sich haben. Sie alle marschieren, genau
wie mein Gastvater und ich durch das Eingangstor, ziehen unsere Schuhe aus und
betreten den eigentlichen Tempelbereich.
Dort nehmen nun die Priester die Opfergaben entgegen. Dies
kann, wie bei anderen Tempeln auch durchaus mal ein Geldschein, oder eine
Blumengirlande sein. Viel häufiger wechseln nun aber die besagten Spirituosenflaschen
ihren Besitzer. Der Priester nimmt einige davon und übergießt die Statue des
Gottes mit der Flüssigkeit. Ein Geruch nach Whiskey breitet sich dabei in der
Halle aus.
Dieser Brauch stammt daher, dass der angebetete Gott einst ein Dämon war, der jedoch kurz vor seinem Tod von der Göttin Durga von allen Sünden freigesprochen wurde. Den Geschichten nach sollte dieser Gott jedoch ab und zu sich gerne einen Schluck gegönnt haben und die Anhänger möchten ihn nun eben mit dieser Opfergabe gnädig stimmen. Doch unterscheiden sich auch hier, wie bei fast jeder indischen Göttersage, die einzelnen Details.
Außerdem landet nicht jeder gute Tropfen auf der Statue. Zusätzlich wird auch eine „ewige Flamme“ mit den Spirituosen gefüttert. Das interessante ist jedoch, dass einige Anhänger des Gottes nun mit dem Priester ein paar Worte sprechen und plötzlich landet nur noch eine kleine Menge aus der Whiskeyflasche im brennenden Bottich. Vielmehr wirft ein Anhänger einen Geldschein hinein, der sogleich verbrennt. Die angebrochene Whiskeyflasche gehört nun ihm. Natürlich alles nur, um das gesegnete Feuerwasser um des Glaubens Willen zu Hause zu konsumieren. Auf dem Weg nach draußen stellt man jedoch fest, dass einige bereits vorher mit dem Konsum der guten Gaben beginnen und auch den zahlreichen Bettlern des Öfteren einen Becher vollschenken.
Wer dagegen den Alkohol eher den Göttern überlassen möchte, der
kauft eher eine der traditionell im Tempel angebotenen Mahlzeiten.
Der Tempel wird vor allem von Arbeitern besucht, die in
irgendeiner Weise etwas mit Eisen oder Stahl zu tun haben. Dabei ist es egal,
ob es sich um einen Rikschafahrer (eisernes Fahrrad) oder einen Bauarbeiter
(Stahlbeton) handelt.
Gestern Abend – einem Montag – besuchte ich mit meiner Gastfamilie den Hanuman Tempel in Neu Delhi. Die Wahl des richtigen Wochentags ist wichtig. So gilt z. B. der Dienstag Lord Hanuman gewidmet und das gesamte Gelände ist an einem solchen Wochentag hoffnungslos überfüllt.
Die Geschichte des Tempels
Der Hanuman Tempel gehört mit zu den ältesten Tempeln der Region. Beim genauen Alter vermischen sich jedoch Wahrheit und Legenden. Eine Quellen behaupten sogar, dass er aus dem 4. Jhd. v. Chr. stammen könnte. stammt. Durch ständige Umbaumaßnahmen erhielt er seine heutige Form in der neben dem Jungen Hanuman auch anderen Göttern wie Rama, Sita und Lakshman, Krishna und Radha, Shiva und Parvati, Durga, Lakshmi Narayan und Ganesha sowie Santoshi Mata gehuldigt wird. Diese Verehrung von mehreren Gottheiten in einem einzigen Tempel ist im Hinduismus keine Seltenheit.
Der eigentliche Besuch
Beim barfüßigen Eintreten in den Tempel berührt ich zunächst ehrfürchtig die Stufen und schreite durch die silberbeschlagenen, mit Szenen aus dem Ramayana verzierten Türen in einen Vorraum.
Um seinen Besuch den Göttern anzukündigen schlage ich – so wie es meine Gastfamilie vormacht – eine der vielen Glocken an und betrete das Allerheiligste des Tempels in dem ein verhülltes Abbild von Lord Hanuman zu finden ist. Allerdings bedeckt ein Tuch das seitliche Abbild, so dass nur ein einzelnes Auge zu erkennen ist. Hier angekommen steht es nun jedem frei nach seiner Fassion zu beten. Dies kann vom schweigend Sitzen bis hin zum lauten Preisen von Lord Hanuman reichen. Ein Priester bietet mir heiliges Wasser an und nach einer kleinen Spende malt er mir mit seinem Daumen einen Punkt auf die Stirn (Tilaka) und erteilt mir seinen bzw. Lord Hanumans Segen. Das dargereichte Wasser fange ich in der holen Hand auf und Schlürfe es hinunter . So viel zu den „Trinke nie ungefiltertes Wasser“-Hinweisen aus den Reiseführern. Aber die Götter werden mich schon beschützen.
Jetzt gilt es die im gleichen Raum bzw. in den angrenzenden Räumen befindlichen Statuen der anderen Götter aufzusuchen und auch bei ihnen im kurzen Gebet zu verharren. Auf dem Weg entdecke ich immer wieder Bildnisse von Hanuman oder Darstellungen aus dem Ramayana.
Unzählig viele Götter
Da es im Hinduismus unzählige Versionen von bedeutsamen Ereignissen gibt, erhält man, je nach Begleiter, auch verschiedene Interpretationen der Bildnisse. Dies stellt für Hindus aber keinen Widerspruch dar, da sich Götter in vielfältiger Gestalt zeigen und für mehrere Gottheiten auch mehre Namen gebräuchlich sind, so dass es zwangsläufig zu Überschneidungen kommen muss.
Auch lerne ich den Unterschied zwischen der körperlosen Gestalt Shivas und seiner Verkörperung als Shankar kennen. Nach 4 Jahren Indienaustausch ist ein Tempelbesuch immer noch eine Offenbarung, da alles bisher gelernte immer wieder auf die Probe gestellt wird.
Glücklich verlassen meine indische Gastfamilie und ich den Tempel, ziehen uns die Schuhe an und lassen uns noch einige örtliche Spezialitäten von einem der zahlreichen Streetfoodständen schmecken bevor es zum Gurudwara Bangla Sahib weiter geht.